Autor: Viktoria Heinze

Veröffentlicht von Winter – Dávila & Associés in Paris, am 17. Mai 2021.

Bevor man Schiedsgericht im Streitfall anruft, sollte man die Schiedsgerichtsklausel auf ihre Wirksamkeit überprüfen, denn Schiedsgerichtsklauseln können unter Umständen unwirksam und der Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten eröffnet sein.

Zuletzt hatte sich in Deutschland das Landgericht Frankfurt/ Main (Az.: 2-06 O 457/19) mit der Wirksamkeit einer Schiedsgerichtsklausel im Verhältnis Spitzenverband – Sportler zu befassen.

Was war passiert?

Ein – nunmehr ehemaliges – deutsches Frauen Beachvolleyball Team, hat gegen den Deutschen Volleyball Verband (DVV) Klage auf Schadenersatz vor dem Landgericht Frankfurt/Main eingereicht. Grund für die Klage war, dass das Team seit April 2019 nicht mehr vom DVV zu internationalen Wettbewerben angemeldet wurde. Zu Beginn der Saison 2019 war das Team das viertbeste deutsche Frauen Beachvolleyball Team der Weltrangliste. Der DVV hat andere Teams für die internationalen Wettbewerbe nominiert, obwohl die Klägerinnen sportlich zum Teil erfolgreicher waren als die anderen (vom DVV nominierten) Teams. Im Wege der Schadensersatzklage wurden die durch die fehlende Teilnahmemöglichkeit entgangenen Turnierpreisgelder von den Beachvolleyballerinnen gegenüber dem DVV gerichtlich geltend gemacht.

Der jeweilige Vertrag der Spielerinnen mit dem DVV enthielt eine Schiedsgerichtsklausel, sodass sich der DVV vor dem Landgericht Frankfurt/ Main eben auf diese Schiedsgerichtsklausel berief, welche durch das Landgericht Frankfurt/Main für unwirksam erklärt worden ist.

In der streitgegenständlichen Schiedsgerichtsklausel war der Rechtsweg zu den ordentlichen staatlichen Gerichten ausgeschlossen und Streitigkeiten sollten von einem Schiedsgericht entschieden werden. Das Schiedsgericht sollte aus drei Mitgliedern bestehen, nämlich aus dem Vorsitzenden des Verbandsgerichts als Vorsitzenden und jeweils einem von der Athletin und vom DVV zu benennendem Mitglied.

Auf welcher Grundlage hat das Landgericht Frankfurt/Main die Schiedsklausel für unwirksam erklärt?

1- Schiedsgerichtsklausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen – Unzureichende Zusammensetzung des Schiedsgerichts

Nach der vom Landgericht Frankfurt/ Main angewandten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) ist eine Schiedsvereinbarung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn die Zusammensetzung des zu berufenden Schiedsgerichts eine kritische Prüfung aller rechtlichen Aspekte der zu entscheidenden Rechtsstreitigkeit unwahrscheinlich macht, etwa weil das Schiedsgericht nicht zwangsläufig aus Juristen besteht (vgl. BGH NJW 1992, 575 ff.). Da nach der Ansicht des Landgerichts Frankfurt/Main die Rechtsordnung des DVV keinerlei Anforderungen an den Vorsitzenden des Schiedsgerichts und dessen Beisitzer enthält, hielt es die Schiedsklausel schon aus diesem Grund für unwirksam.

2- Schiedsgerichtsklausel – Keine freiwillige Unterwerfung

Darüber hinaus sei die Klausel nach dem Landgericht Frankfurt/ Main auch deshalb unwirksam, „weil die Klägerinnen sich ihr nicht freiwillig unterworfen haben“. Das Landgerichtgericht Frankfurt/ Main hat im Licht der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) im Fall Pechstein entschieden. Das Landgericht Frankfurt/ Main führt aus, dass bei professionellen Leistungssportlern von einer unfreiwilligen Unterwerfung unter eine Schiedsgerichtsbarkeit auszugehen ist, wenn die Profisportler „vor der Wahl stehen, eine Schiedsklausel anzunehmen, um durch die Ausübung ihres Sports ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können, oder sie nicht zu akzeptieren und damit vollständig auf ihren Lebensunterhalt durch Ausübung des Sports zu verzichten.“ Nach Ansicht des Landgerichts Frankfurt/Main sei durch den DVV nicht belegt worden, dass die Klägerinnen (das Beachvolleyballteam) seinerzeit tatsächlich die Wahl hatten, die Schiedsklauseln abzuschließen oder nicht. Aber auch im Falle einer kritiklosen Unterzeichnung von sei nach Ansicht des LG Frankfurt/ Main von einer Unfreiwilligkeit auszugehen.

Die Entscheidung

Das Landgericht Frankfurt/ Main sprach den Beachvolleyballerinnen einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 17.000 USD gegen den DVV zu.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig, weil der DVV Berufung eingelegt hat. Es wird aber erwartet, dass die Entscheidung des Landgerichts Frankfurt/ Main in Bezug auf die Schiedsklausel Bestand haben wird.

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Über den Autor:

Viktoria Heinze
Rechtsanwältin mit Abschluss an der Universität in Potsdam, Deutschland. Master im Internationalen Sportrecht am Instituto Superior de Derecho y Economía (ISDE)“ in Madrid (2018).

Sie hat auch mehrere Aufbaustudien in Deutschland und einen “International Sports Law Course” (Cambridge) absolviert.

Sie hat für Rosalía Ortega, eine der bekanntesten Sportanwältinnen in Spanien, gearbeitet. Derzeit arbeitet sie für eine Kanzlei mit Sitz in Berlin, die sich auf Schiedsgerichtsbarkeit, Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Erbrecht spezialisiert hat.

Dieser Artikel wurde von Winter – Dávila & Associés, veröffentlicht, einer internationalen Anwaltskanzlei mit Sitz in Paris, in Frankreich, vertreten durch Anwälte, die auf Sportrecht, Gesellschaftsrecht, Schiedsgerichtsbarkeit und Vertretung spezialisiert sind.